Corona könnte das Ende des Kreuzfahrt-Tourismus einläuten

| 6. April 2020, 8:12
cruise (Ed Judkins from Pixabay)

LONDON, 5. April (WNM/Economist) – Kreuzfahrtschiffe gelten derzeit als von Krankheiten befallene Gefängnisse auf Hoher See. Das Kreuzfahrtgeschäft hat durch die Corona-Pandemie noch mehr zu verlieren als die Fluggesellschaften, schreibt der Economist. 

Richard Clarke von Bernstein, einem Research-Unternehmen, weist im Economist darauf hin, dass der Ruf der Branche schon immer ein Problem mit dem Norovirus hatte, das Erbrechen und Durchfall verursacht. Die Covid-19-Ausbrüche bestätigen die Befürchtungen, dass Urlauber, die „auf eine Kreuzfahrt gehen, krank werden und auf See gefangen sein können“. 

Die weltweiten Kreuzfahrtumsätze erreichten 2018 fast 50 Milliarden US-Dollar. Das hat sich radikal geändert: Die drei größten Kreuzfahrtunternehmen der Welt - Carnival, Royal Caribbean und Norwegian -, die fast 80 Prozent der weltweiten Kapazität ausmachen, haben alle Reisen eingestellt. 

Die amerikanischen und britischen Behörden haben Reisewarnungen veröffentlicht, wonach die über 70-Jährigen – die Kern-Zielgruppe der Branche – aus gesundheitlichen Gründen nicht auf Kreuzfahrt gehen sollten. 

Die Aktienkurse der großen Kreuzfahrtunternehmen sind seit Jahresbeginn um 70-80 Prozent gefallen, verglichen mit einem Rückgang von rund 60 Prozent bei Fluggesellschaften und 30 Prozent im amerikanischen Aktienmarkt insgesamt. 

Trotzdem werden die großen Anbieter die Krise überleben, schreibt der Economist: Sie alle haben relativ starke Bilanzen. Analysten glauben, dass sie auch ohne Umsatz über genügend Barmittel verfügen, um zu überleben, ohne mindestens sechs Monate lang neue Schuldtitel oder Aktien auszugeben. 

Investoren haben jedoch noch andere Gründe, sich vor den Kreuzfahrt-Anbietern in Acht zu nehmen: Die Buchungen werden möglicherweise nie mehr wieder die Zahlen aus 2019 erreichen. Fluggesellschaften und Hotels werden von Geschäftsreisenden immer benötigt. Urlauber aber haben andere Möglichkeiten als Kreuzfahrten. Außerdem scheinen Kreuzfahrten die Jugend nicht anzusprechen: Umfragen zufolge wünschen sich die Millennials abenteuerlichere Urlaube und sind besorgt über Nachhaltigkeit, Massentourismus und Arbeitnehmerrechte. Das sind alles Bereiche, in denen Kreuzfahrten in den vergangenen Jahren öffentlich stark kritisiert wurden.