Die Mitteilung des EuGH im Wortlaut:
Die Entscheidungen der EFSA, mit denen der Zugang zu Studien über die Toxizität und die krebserregende Wirkung des Wirkstoffs Glyphosat verweigert wurde, werden für nichtig erklärt
Das Interesse der Öffentlichkeit am Zugang zu Informationen über Emissionen in die Umwelt besteht gerade darin, nicht nur zu wissen, was in die Umwelt freigesetzt oder absehbar freigesetzt werden wird, sondern auch zu verstehen, in welcher Weise die Umwelt durch die fraglichen Emissionen beeinträchtigt werden kann
Glyphosat ist eine in Pestiziden, Pflanzenschutzmitteln, verwendete chemische Substanz und eines der gängigsten Herbizide in der Union.
Glyphosat wurde für den Zeitraum vom 1. Juli 2002 bis 30. Juni 2012 in die Liste der zugelassenen Wirkstoffe aufgenommen. Diese Aufnahme wurde vorübergehend bis zum 31. Dezember 2015 verlängert. Im Hinblick auf die Erneuerung der Zulassung des Wirkstoffs Glyphosat legte Deutschland als berichterstattender Staat der Kommission und der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) einen von der EFSA am 12. März 2014 veröffentlichten „Entwurf des Berichts über die Bewertung der Erneuerung“ vor.
In der Rechtssache T-716/14 stellte Herr Anthony C. Tweedale bei der EFSA einen Antrag auf Zugang zu Dokumenten gemäß der Verordnung über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten1 und der Verordnung über die Anwendung der Bestimmungen des Übereinkommens von Århus über den Zugang zu Informationen auf Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft2 (im Folgenden: Århus-Verordnung). Dieser Antrag betraf zwei Toxizitätsstudien: „die beiden ‚Schlüsselstudien‘ zur Bestimmung der zulässigen täglichen Aufnahme ... von Glyphosat“.
In der Rechtssache T-329/17 stellten die Mitglieder des Europäischen Parlaments Heidi Hautala, Michèle Rivasi, Benedek Jávor und Bart Staes bei der EFSA einen Antrag auf Zugang zu Dokumenten nach denselben Verordnungen. Ihr Antrag bezog sich auf die Teile „Material, Versuchsbedingungen und Methoden“ sowie „Ergebnisse und Analyse“ der nicht veröffentlichten Studien über die krebserregende Wirkung von Glyphosat. In ihrem Antrag wiesen die Kläger darauf hin, dass das Internationale Krebsforschungszentrum (CIRC) im März 2015 zu der Erkenntnis gelangt sei, dass Glyphosat potenziell krebserregend sei, der Peer-Review der EFSA im November 2015 aber gleichwohl zum Ergebnis gehabt habe, dass Glyphosat für den Menschen wahrscheinlich nicht krebserregend sei.
In beiden Rechtssachen verweigerte die EFSA den Zugang und begründete ihre Entscheidung u. a. wie folgt: i) Die Verbreitung dieser Informationen könne ernsthaft die geschäftlichen und finanziellen Interessen der Unternehmen beeinträchtigen, die die Studienberichte vorgelegt hätten; ii) es bestehe kein überwiegendes öffentliches Interesse an der Verbreitung; iii) es bestehe kein überwiegendes öffentliches Interesse an der Verbreitung der Teile der Studien, zu denen die Antragsteller Zugang begehrten, da diese Teile keine Informationen darstellten, die im Sinne der Århus-Verordnung „Emissionen in die Umwelt betreffen“, und iv) die EFSA halte den Zugang zu diesen Teilen der Studien nicht für erforderlich, um die wissenschaftliche Risikobewertung zu überprüfen, die gemäß der Verordnung über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln3 vorgenommen worden sei.
